»Behavioral Data ist ein gutes Beispiel dafür, wie man Marketing machen kann, wenn man weiß, wie es geht.«
Ok – Behavioral Data, klingt schon mal super. Man denkt gleich an Verhaltenswissenschaften, und vielleicht an den Versuch, menschliches Verhalten mit naturwissenschaftlichen Methoden zu erklären. Dass man eben alles Verhalten in Reiz und Reaktion zerlegen kann. Also: Wir werden von Werbung konditioniert, wir sehen einen Banner, wir klicken darauf. Spoiler Alert: So einfach ist es ja nicht. Zwischen Reiz und Reaktion werden wir von Gedanken und Gefühlen geflasht, Auffassung, Lernen, Planung, Einsicht und Entscheidungen, die alle von der Persönlichkeit des Betrachtenden und seinen Erfahrungen abhängt.
Ist das nicht spannend? Ich sag ja immer, Marketing kann das ganze Leben erklären, und nicht umsonst stützen sich gute Marketer auf das gleiche Fundament aus Psychologie, Soziologie und Neurobiologie wie die Politikwissenschaft oder die Kriminologie. Ist das nicht der Hammer?
So, um all das geht es heute nicht. Leider. Denn wir haben keine Zeit dafür. Aber Behavioral Data, das ist ein schöner exemplarischer Ausschnitt für das, wie man Marketing machen kann, wenn man weiß, wie es geht.
Denn ich sage immer: Wenn man sich die Zeit nimmt, ein neues Angebot, eine Kampagne oder eine Marke auf die Beine zu stellen, dann kann man es auch gleich richtig machen.
Denn Kundenumfragen – das Thema hatten wir ja auch im letzten Video zu qualitativen Methoden – ist nur ein Teil der Geschichte. Denn was ist, wenn das Verhalten deiner Kunden auf deiner Website eine ganz andere Wahrheit zeigen?
Also nochmal: Behavioral Data nennen wir – in dem Fall heute – alle Informationen, die durch die Aktionen und Interaktionen deiner Nutzer mit deinen digitalen Angeboten entstehen. Das umfasst Klicks, Suchanfragen auf deiner Webseite, geöffnete E-Mails, angesehene Videos, die Nutzung bestimmter App-Funktionen und so weiter. Diese Datenermöglichen dir also erstens eine objektive Analyse des Nutzerverhaltens, besser als reine Befragungsergebnisse, weil sie tatsächliches Handeln widerspiegeln, weniger beeinflusst von sozialer Erwünschtheit oder Erinnerungslücken.
Wenn beispielsweise viele Nutzer eine Produktseite besuchen, aber nur wenige den Kauf abschließen, dann musst du da ran – egal was die Ergebnisse deiner Umfrage gesagt haben.
Zweitens helfen sie dir diese Daten, Muster und kritische Punkte in der Customer Journey zu identifizieren. Wo verlassen Nutzer den Bestellprozess? Welche Inhalte werden besonders intensiv genutzt, welche ignoriert? Verhaltensdaten liefern dir präzise Antworten.
Drittens bilden Verhaltensdaten die Grundlage für eine effektive Personalisierung. Wenn du konkret weißt, was einen Kunden interessiert – weil du siehst, was er sich angeschaut hat – kannst du ihm entsprechende Angebote anzeigen.
Viertens machen Verhaltensdaten den Erfolg deiner Marketingmaßnahmen messbar. Wie verändern sich Klickraten nach einer Designänderung? Steigert ein neuer Text, eine neue Headline, ein neues Wording die Verweildauer? Das sind ganz konkrete Daten, die dir sagen, in welche Richtung du gehen sollst.
Wo findest du diese wertvollen Daten? Dazu hast du Web-Analyse-Tool, und da gibt es ja ein paar gute. Du musst dir allerdings mehr anschauen als Page Views, du musst dich mit User Flows, Conversion Funnels und dem Event-Tracking für alle möglichen Interaktionen beschäftigen.
Was man früher mit Blickaufzeichungen, mit der Messung von Augenbewegungen gemacht hat, das sind heute Heatmaps. Auch Session-Recording-Tools zeigen Klickpfade, Scrolltiefen und Mausbewegungen, wie Nutzer mit deinen Inhalten interagieren. Das in Sachen Website, aber auch dein CRM-System enthält Verhaltensdaten, beispielsweise die Interaktionshistorie deiner Kunden. Und eine E-Mail-Marketing-Plattform liefert dir Informationen zum Öffnungs- und Klickverhalten. Ja, das alles ist für altgediente Marketingleiter schon overwhelming, aber gerade du als Vorgesetzter musst dir Zeit nehmen, diese unterschiedlichen Datenquellen zu verstehen und, wo möglich und sinnvoll, zu verknüpfen, um ein stimmiges Bild des Nutzerverhaltens zu erhalten.
So, und wenn du kein Neuling in dem Feld bist, schwillt dir vielleicht gerade der Kamm, weil du sagst, das ist ja in der Theorie schön und gut, aber ich kann das ja gar nicht messen, weil ich das nicht messen darf.
Ja, die Consentquote ist nur bei 20 bis 50 Prozent, es gibt Ausreißer. Was ich meine ist die Zustimmung zur Verarbeitung deiner Daten, was man immer seht, wenn man eine Website aufruft. Wer nicht zustimmt, den kann man nicht beobachten. Kommen wir gleich drauf, was man da machen kann.
Erstmal: Die reine Datenmenge ist nicht entscheidend. Du kannst schon sehr viel mit den wenigen Daten anfangen, die du hast. Was wirklich viel viel wichtiger ist: Die richtige Interpretation der Daten. Und da kann man viel falsch machen:
Fehler Nummer 1: Korrelation ist nicht Kausalität. Nicht jeder Zusammenhang, den du in den Daten findest, impliziert auch einen direkten Ursache-Wirkungs-Mechanismus. Nur weil zwei Dinge gleichzeitig oder nacheinander passieren, heißt das noch lange nicht, dass das eine das andere direkt verursacht. Stell dir vor, deine Daten zeigen: Immer wenn die Sonne scheint, kaufen mehr Leute Eis UND mehr Leute Sonnenbrillen. So, es gibt also eine Korrelation zwischen Eisverkauf und Sonnenbrillenverkauf. Aber kaufen die Leute Sonnenbrillen, weil sie Eis kaufen? Natürlich nicht. Hier musst du den wahren Treiber finden und nicht auf Scheinkorrelationen hereinfallen.
Fehler Nummer 2: Datensilos. Realität ist oft immer noch, dass Informationen isoliert in verschiedenen Abteilungen liegen. Dein Marketing hat Performance-Daten, der Vertrieb hat im CRM alle Infos zu Anfragen und Abschlüssen, und der Kundenservice dokumentiert Support-Tickets und Kundenfeedback – aber keiner teilt seine Daten systematisch mit den anderen. Du siehst vielleicht im Marketing, dass ein Kunde auf eine Anzeige geklickt hat, aber nicht, dass er drei Tage später den Support kontaktiert hat, weil er mit dem Produkt unzufrieden war – eine Info, die der Vertrieb wiederum bräuchte. So verpasst ihr riesige Chancen, eure Kunden wirklich zu verstehen. Und ihr lasst Potenzial liegen.
So, und Fehler Nummer 3, und das ist von zentraler Bedeutung: die Einschränkungen der Datenschutzgrundverordnung. Da sitzen viele wie das Kaninchen vor der Schlange und machen sich selbst das Leben schwer. Ja, natürlich brauchen wir einen Cookie-Consent-Banner. Aber den kann man so machen, dass er die Besucher so opfermäßig einlädt, alles abzulehnen, oder man kann auf nette, witzige Art seinen Kunden erklären, warum es für sie einen Vorteil hat, wenn wir bestimmte Daten nutzen dürfen. Denn wer möchte sich nicht besser und schneller auf der Website zurechtfinden? Wer möchte schon mit Angeboten oder Inhalten belästigt werden, die einen überhaupt nicht interessieren? Siehst du, genau hier liegt der Hebel! Statt eines abschreckenden juristischen Textwalls kannst du einen Consent-Banner gestalten, der den Nutzen für den User in den Vordergrund stellt.
Also klare, einfache Sprache: Erkläre kurz und verständlich, welche Daten du für welchen Zweck nutzen möchtest und welchen Vorteil der Besucher davon hat. Und mach es ihm einfach, eine informierte Entscheidung zu treffen. Keine versteckten Buttons, keine manipulativen Formulierungen, jede Form von ‚Dark Patterns‘ sind ein No-Go. Es geht um Vertrauen, nicht um Trickserei.
Wenn Nutzer verstehen, warum sie zustimmen und einen echten Mehrwert sehen, dann sind die gewonnenen Daten am Ende qualitativ hochwertiger. Denk an dieser Stelle auch globaler an deine First-Party-Datenstrategie: wenn du im direkten Austausch mit deinen Kunden Daten gewinnst, nach einem Login, einer Newsletter-Anmeldung oder im Rahmen eines klaren Service-Versprechens – dann sind diese Erkenntnisse viel robuster, weil der Kontext der Datennutzung viel transparenter ist und die Zustimmung auf einer bestehenden Beziehung basiert.
So, nun nimm diese Verhaltensdaten und verknüpfe sie mit vernünftigen Kundenstudien, dann kennst du deine Kunden, dann kannst du Marketing machen. Dann beginnt für dich ein neues Zeitalter, indem du nur einfach aufhörst, Dinge zu tun, die deine Kunden nicht interessieren, und dich auf das fokussierst, was die Leute hören wollen, kaufen wollen. Dann fühlen sich die Kunden in den Arm genommen, verstanden, dann fangen sie an, deine Marke zu lieben. Und das nenne ich Marketing Turnaround. Ja, dazu braucht man Empathie. Und die hat nicht jeder. Und dann werden wir vermutlich auch nicht zusammenfinden. Aber so ist es nun mal. Kein Angebot ist etwas für alle Kunden.
Wie siehst du das? Willst du deine Kunden WIRKLICH verstehen? Ich helfe dir dabei. Mein Name ist Christian Jourdant, ich sorge für deinen Marketing Turnaround. Wir sehen uns wieder!